Die
Entwicklung des katathymen Bilderlebens begann 1948 durch
Hanscarl Leuner, als er den inneren Dialog einführte. Die
Hauptgrundlage war die Tagtraumtechnik, die der Schweizer
Psychotherapeut Frank 1913 entwickelt hatte.
Das
katathyme Bilderleben gliedert sich in drei Teile. Die
Grundstufe, die Mittelstufe und die Oberstufe. Die
Grundstufe ist ein vorsichtiges abwägendes
Therapieverfahren. Es wird bei Klienten eingesetzt, die
wenig Phantasie haben, bei Intellektuellen und bei allen,
die immer nur Anweisungen folgen und völlig ratlos sind,
wenn sie selber einmal etwas entscheiden sollen. Ab der
Mittelstufe wird freier gearbeitet - konfrontativ,
assoziativ, mit der Entfaltung der Kreativität und der
kreativen Problemlösung. Die Oberstufe arbeitet provokativ
und mit den „schwierigen Symbolen“.
Eine
Therapie dauert 50 Minuten. Dabei sitzt der Therapeut neben
dem Klient in Kopfhöhe. Während der gesamten
Therapiestunde läuft ein Kassettenrekorder. Die Augen des
Klienten sind geschlossen. Es herrscht eine ruhige Atmosphäre.
Der Therapeut interpretiert und beurteilt, teilt das
Ergebnis dem Klienten aber nicht mit. Auch Ratschläge sind
zu vermeiden, auch dann, wenn der Klient darum bittet. - Lösungen
dürfen vorgeschlagen und Hilfen gegeben werden. Aber wir
verwenden keine Suggestionen.
Es
wird immer auf den Gefühlston des Klienten geachtet und
darauf reagiert. Formulierungen an den Klienten dürfen
nicht als Missbilligung oder als Strafe erlebt werden.
Deshalb sagen wir nicht: Das ist falsch oder das machen wir
nicht, sondern wir sagen: „Lass uns etwas anderes
probieren“. Und wenn es etwas anderes ist, ist es auch in Ordnung. Denn
es existiert hier kein richtig und kein falsch! - Alles ist
ok.
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Sobald
Personen auftauchen, sollen diese beobachtet werden - was
sie tun, wie sie aussehen. Ihr Gesichtsausdruck sollte so
genau wie möglich beschrieben werden. Anschließend mit
ihnen ein Gesprächsdialog beginnen. Bei den Klienten auch längere
Pausen zulassen. Denn Gefühle und Stimmungen, Emotionen und
Affekte brauchen einfach Zeit, um sich zu entfalten und
richtig entwickeln zu können. Deshalb nicht ungeduldig
werden, auch wenn „das alles viel zu lange dauert“. Und
in dieser Entwicklungszeit möglichst wenig stören - das
heißt, möglichst wenig fragen. Je intensiver die Beschäftigung
mit dem entsprechenden Motiv (oder Stimmung) ist, desto
wirksamer ist sie therapeutisch.
So
hat der Schweizer Psychotherapeut Frank 1914 bereits
herausgefunden, dass unsere Psyche eine interessante
Eigenschaft hat. Er schreibt: Die Psyche zeigt uns
freiwillig, worauf es ihr in ihrem Entwicklungsprozess
ankommt.
Zeigarnik
entdeckte 1927 die Psychologie der unvollendeten Handlung.
Der heißt: - Der gestörte Abschluss einer Handlung
hinterlässt einen dynamischen Spannungszustand, der auf
Ausgleich drängt.
Wir
können mit unseren inneren Bildern alle uns denkbaren
Aktionen und Handlungen vornehmen, Rollenspiele veranstalten
oder Rollen tauschen. Jede Handlung ist absolut in Ordnung,
da dieses den inneren Spannungszustand ausgleicht. Ist die
innere Spannung erst einmal gelöscht, existieren auch die
Konflikte und Probleme nicht mehr. Es existiert hier kein richtig und kein falsch mehr! - Denn
alles ist ok.
Somit
können wir alle Konflikte und Probleme - seien es
hochaktuelle, gegenwärtige oder längst vergangene,
zugedeckte - erfolgreich therapieren. Und es spielt keine
Rolle, wie stark und ausgeprägt dieser ursprüngliche
Konflikt einmal war. Jeder Konflikt wird generell als
Symboldrama angegangen.
Der Klient kann Verzweiflung, Wut, Trauer und Ärger
abreagieren und so erheblich zur Förderung seines Selbstbewusstseins
und seiner Sicherheit beiträgt. Dabei werden die
Imaginationen selbst banaler Alltagssituationen emotional
viel intensiver erlebt, als sie in Wirklichkeit waren.
Dadurch werden verdrängte Konflikte und Zusammenhänge viel
leichter und auch bewusster wahrgenommen. Wir können den
Klienten auch ermutigen, seine Phantasie absolut frei laufen
zu lassen. Oder wir fragen ihn, was er jetzt gerne tun möchte
oder was ihm Freude bereiten würde. Und wir lassen uns
alles genau erzählen. Es zeigt sich, dass alle Gedanken und
Imaginationen, die entstehen, immer mehr auf den
eigentlichen Konflikt hinsteuern. Somit wird jeder Konflikt
mit Sicherheit erfasst.
Manchmal hält der Klient auch an Alltagserinnerungen fest.
Diese oft banalen Erinnerungen führen trotzdem erstaunlich
oft zu den Konfliktherden - wenn man sie entsprechend lange
beibehält.
Auch das Gegenteil kann eintreten. Besonders beliebt sind
bei Jugendlichen extravagante Phantasien, die, wenn irgend möglich,
gefördert werden sollen. Denn durch diese Verstärkung
erreichen sie schnell eine „dynamische Sättigung“.
Solche Fantasiegeschichten können sein: Schweben durch den
Weltenraum oder sich in eine Rakete verwandeln, die dann
aggressiv durch eine Supernova stößt. Oder einfach mal nur
der große Star sein, das entscheidende Tor zu schießen,
Olympiasieger sein oder Weltmeister, bei einer großen
Schlacht mitzumachen - seien es Ritterkämpfe oder einfach
nur Tomaten-, Schlamm-, Schnee- oder Wasserschlachten. -
Alles ist möglich und darf ausagiert werden.
Damit werden auch bestimmte aufkeimende Bedürfnisse
befriedigt und gleichzeitig aufgearbeitet. Und die Persönlichkeit
des Klienten wird gestärkt. Ebenfalls die Selbständigkeit,
die Eigenverantwortlichkeit und das Ich.
Wir
haben bei unserer Therapie sehr mächtige Verbündete. So können
wir die inneren Figuren füttern, uns mit ihnen unterhalten,
lachen, spielen, tanzen und singen, streicheln und Spaß
haben. Oder sie loben. Oder in den Vulkan werfen. Die therapeutische Zielsetzung dieser „lmaginär -
Therapien“ ist die Aufarbeitung von unbewussten Konflikten
und Persönlichkeitsstörungen. Es ist eine sehr gute,
differenzierte Methode bei der Anwendung von neurotischen
und psychosomatischen Krankheiten, denn es entfaltet eine
tiefgreifende Wirkung.
Das
therapeutische Ziel besteht darin, diese verdrängten
Tendenzen (als Symbolgestalten) ins Bewusstsein zu bringen,
sie anzunehmen und zu akzeptieren, indem man sich mit ihnen befasst.
C.G. Jung spricht hier vom Schatten der Person.
Mit den Imaginationen dieser Technik besitzen wir die Möglichkeit,
unsere inneren latenten Selbstheilungskräfte zu erschließen
und zu entfalten. Dabei spielt die Persönlichkeit des
Therapeuten eine wichtige Rolle, denn er fördert ganz
entscheidend den Einfallsreichtum des Klienten.
Dabei hat sich herausgestellt, dass sich die entwickelnden
Bilder oder Geschichten nicht mit dem Willen beeinflussen
lassen oder sich gar steuern lassen. Sie sind völlig
autonom. Sie besitzen ihre eigenen Gesetze, haben ihre
eigenen Gefühle und können farbig und plastisch sein. Auch
die Szenenabläufe sind nicht oder kaum beeinflussbar. Doch
man kann sich in ihnen bewegen, aktiv werden, Personen
begegnen oder Tieren, verreisen und sich aktiv betätigen.
Durch ihre völlige Autonomität sind sie deshalb auch nicht
oder nur wenig von außen, vom Therapeuten her steuerbar.
Die inneren Figuren sind das Abbild deiner momentanen Gefühle.
Deshalb gilt: Schon die kleinsten Veränderungen und
Wandlungen unserer Psyche und unserer Gefühlsregungen
schlagen sich unverzüglich in den inneren Bildern nieder.
Es kommt auf die freie Entfaltung der spontan auftretenden
Gefühle und Affekte an und die daraus folgenden kreativen
Imaginationen (Leuner 1964).
Nach
der Konfrontation, dem Durchleben und Durchleiden der
Konflikte und dem Abreagieren der negativen Affekte erlebt
der Klient eine innere Entlastung, Erleichterung und
Befreiung. Dies kommt im Wandlungs- phänomen zum Ausdruck.
Auch Stresssituationen, Entsetzen und Angst können
auftauchen. Sie werden dann noch einmal durchlebt und
durchlitten. Danach ist dein Ich gestärkt. Sollte der
Klient Angst bekommen, gibt der Therapeut Schutz oder
Ermutigung.
Bei furchterregenden Bildinhalten beobachten und beschreibe
die Details genau. Diese Art der Konfrontation mit der
inneren Realität nimmt den angsterregenden Gestalten ihre
Affektbesetzung. (Angst). Dabei Augenkontakt halten.
Auch die Versöhnung gelingt mit realen Gestalten, realen
Situationen, als auch mit Symbolgestalten (oder persönliche,
positive Selbstgespräche führen).
Angst entsteht, wenn ein abgespaltener Triebanteil wieder bewusst
gemacht werden soll. Die affektive Erregung während der
Konfrontation wird als Abfließen und Verarbeiten des verdrängten
Affektes des inneren Widerstandes betrachtet.
Schließlich sind alle Vorstellungen, auch ohne Bilder, und
alle Arten der Phantasie bereits therapeutisch wirksam.
Innere Bilder sind also keinesfalls Voraussetzung. Und das
gilt sogar bei geöffneten Augen.
Die Technik - Versöhnen-Nähren - kann man gar nicht hoch
genug einschätzen. Sie ermöglicht es, alle Konflikte und
Probleme zufriedenstellend zu lösen.
Arnold
(1976): Im psychischen System ist alles mit allem verbunden.
Melodie
und Rhythmus regen den assoziativen Fluss der imaginativen
Bilder an. Die begleitenden Gefühle und Affekte werden
ebenfalls deutlich aktiviert. Das führt dann oft zu einer
tiefen Bewegtheit.
So finden auch spontane emotionale Entwicklungsphasen statt,
wo unterdrückte Bedürfnisse nachgeholt und agierend
ausgelebt werden. Dabei entfalten sich die vorher
abgewehrten und unterdrückten - teils aggressiven - vitalen
Impulse.
Meist entwickeln sich aus dem anfänglichen trockenen Inhalt
eindrucksvolle intensive Erlebnisse und Abenteuer. Je länger
dieses Erlebnis dann dauert, desto plastischer und farbiger
wirkt alles. Und die Gefühle intensivieren sich. Und nach
der Therapie ist der Klient dann wieder richtig gut drauf. -
Wie nach einer Woche Urlaub.
Um
Alltagsprobleme zu lösen, verwenden wir das symbolische
Probehandeln.
Wenn
der Klient Angst vor bestimmten Menschen hat oder vor
bestimmten Situationen, stellen wir uns diese Situation real
vor und lassen die inneren Figuren einfach handeln. Das ist
sehr wirksam. Hierbei werden die Probleme schnell und
einfach positiv gelöst. Gleichzeitig werden positive
Verhaltensänderungen erreicht.
Diese
Verhaltensänderungen zeigen sich im äußeren realen Leben
allerdings oft erst nach einigen Wochen oder Monaten.
Als Symbolgestalten erscheinen manchmal grässliche, bösartige
Monster - meist Gestalten, die sehr intensive Angstgefühle
und Aggressionen auslösen können.
Es
kann auch gar nicht anders sein, denn nur die gemeinen, bösen
Gestalten wurden ja abgespalten und bedürfen jetzt der
Integration.
Doch je freundlicher der Klient dem Tier gegenübertritt,
desto ruhiger wird das Tier. Wird aber der Klient ängstlich
oder gar aggressiv, wird auch das Tier sofort wütend! Das
mimische und motorische Verhalten des Tieres spiegelt also
in Wirklichkeit das unbewusste emotionale Verhalten des
Klienten wider.
Angst entsteht, wenn ein abgespaltener Triebanteil wieder bewusst
gemacht werden soll. Dabei bedeutet ein negatives Symbol, dass
eine starke Abwehr vorhanden ist, die ein abspaltendes
Erlebnis beinhaltet, das zum Schutz des ICHs besteht.
Nur verdrängte Ereignisse, Erlebnisse, ja auch Probleme
werden symbolisch dargestellt. Je schlimmer und gefährlicher
das Ereignis war, desto fieser und hinterhältiger scheinen
die Symbolgestalten auch zu sein. Wenn es dem Klienten
hingegen gelingt, ein nettes Wort oder eine nette Geste
aufbringen zu können, sind sie maßlos überrascht, wie
intensiv das wirkt.
Dabei hilft der Innere Führer. Dieser ist eine
Symbolgestalt, der dem Klienten Vertrauen einflösst. Er
besitzt „das Wissen um den rechten Weg.“ Er ist
jederzeit aufrufbar und handelt völlig autonom. Deshalb können
sie auch den Klienten führen. So ist der Klient in der
Lage, sich von vielen einengenden und schwierigen
Situationen zu befreien.
Der Therapeut soll stets versuchen, dem Klienten Mut zu
machen, damit er sich zutraut, all diese Szenen weiter zu
bearbeiten.
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